2 Uhr Nachts: Weinend und aufgelöst steht Zwillingsdame 1 von mir:

„ Mama, ich habe eingepullert.“

Zwillingsdame 1 ist 5 Jahre alt, seit sie 2 2/1 Jahre alt ist, tagsüber trocken. Mit 3 Jahren war sie die erste der beiden Zwillingsdamen, die über ca. 6 Monate auch nachts nicht ins Bett nässte. Doch dann schlich es sich wieder ein, interessanterweise zu dem Zeitpunkt als Ihre Zwillingsschwester auch nachts trocken wurde und es bis heute geblieben ist.

Seit sie also 3 Jahre ist, pullert das Kind jede Nacht ein. Jede Nacht steht sie weinend vor meinem Bett und möchte aufgefangen, gehalten, getrösted werden, bis sie neben mir erschöpft einschläft. Wir trösten sie, sprechen ihr gut zu, ermutigen sie, dass sie versuchen soll nachts aufzustehen, empfehlen ihr abends vor dem Schlafengehen noch einmal pullern zu gehen, machen im Bad ein kleines Licht, damit sie den Weg ohne Angst findet, sagten ihr, dass wir verstehen wie traurig sie das mache. Wir versuchten den schmalen Grad zu gehen, dem Thema genug Raum zu geben, um das Kind aufzufangen, doch nicht zu viel, um es nicht noch mehr in den Vordergrund zu rücken.

Wie so oft bei Geschwistern, fing die Zwillingsschwester bereits an, sie damit zu ärgern, dass sie ja ständig ins Bett pullere, was für ihre Schwester den Druck noch verstärkte. Wir versuchten die Schwester dafür zu sensibilisieren, was ihre Aussagen bei ihrer Schwester bewirkten, dass es sie traurig machte, ständig darauf gestoßen zu werden und fragten sie wie sie es fände, wenn ihr etwas unangenehm ist, ständig darauf angesprochen zu werden. Es gab Tage an denen es fruchtete und die Tage wo sie wieder und wieder ihre Schwester damit ärgerte. Für alle Beteiligten eine schwere Situation.

Nach ca. einem halben Jahr, in der sich jede Nacht ein weinendes Kind an mich kuschelte, sprachen mein Mann und ich darüber, wie wir unserem Kind helfen könnten, ob es möglicherweise körperliche oder gar emotionale Ursachen geben könnte, die das nächtliche Einpullern bezwecken.

Zu diesem Zeitpunkt erzählte er mir das erste Mal, dass auch er als Kind bis er in die Schule kam, nachts eingepullert hatte. Noch heute als erwachsener Mann, war ihm dies sichtlich unangenehm und mit schlechten Erinnerungen verbunden. Denn seine Eltern hatten ihn die ersten Jahre vielfach aus diesem Grunde zum Arzt geschickt, Untersuchungen machen lassen, ihn gar als kleines Kind in ein Schlaflabor (ohne Eltern) geschickt. Das nächtliche ins Bett pullern, war bei ihnen in der Familie ein allgegenwärtiges Thema, die Brüder zogen ihn auf, die Untersuchungen und Fragen setzten ihn zudem unter Druck. Alle Untersuchungen brachten kein Ergebnis, körperlich war alles in Ordnung. Erst als er in die Schule kam, pullerte er von jetzt auf gleich nicht mehr ein.  Als ich sah, wie mein Mann diese Erfahrung noch heute, und bis zu diesem Zeitpunkt unbewusst, beschäftigt, wie sie ihn geprägt hat, da wusste ich, dass ich dies für unsere Tochter nicht wollte. Und er selbstverständlich erst recht nicht.

Daher fingen wir an, das Kind,

jeden Abend um 22 Uhr, aus dem Bett zu heben, ins Bad zu tragen und auf die Toilette zu setzen. Sie schlief weiter, pullerte und wir legten sie wieder ins Bett.

Dies machten wir 2, 5 Jahre lang. Jeden Abend mit dem Ergebnis, dass sie im Rest der Nacht nicht mehr ins Bett pullerte. Am nächsten Morgen konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, dass wir sie auf die Toilette gesetzt hatten. Sie hatte es förmlich verschlafen.

Und wie glücklich und stolz war sie, dass sie nicht eingepullert hatte!

Vergaßen wir den nächtlichen Toillettengang, pullerte sie ein und wieder weinte mein Kind.

Nach 2,5 Jahren ging sie plötzlich um 22 Uhr nachts alleine auf die Toillette, legte sich danach schlafen und pullerte nicht ein. Dies wiederholte sich mehrere Tage.

Seit meine Tochter 5 ½ ist, ist sie auch nachts trocken. Das Einpullern ist für sie kein Thema mehr. Es ist als hätte es nie existiert. Das freut uns sehr und macht uns glücklich, denn wir haben einen, unseren Weg gefunden, sie so zu begleiten, dass es ihr hoffentlich nicht ihr Leben lang im Gedächtnis bleibt.

Über das Trockenwerden gibt es,  wie bei so vielen Themen, viel zu lesen und zu hören.  Vielen den ich erzählte, dass meine Tochter mit 5 nachts ins Bett nässte, waren, sagen wir mal freundlich, erstaunt. Ich bekam Tipps und Aussagen von

„ zieh ihr doch einfach eine Windel an“, über

„schicke sie zum Arzt vielleicht hat sie ein Blasenproblem“, über

„das ist doch nicht normal“ oder

„früher waren die Kinder schon mit einem Jahr trocken, hättet ihr keine Einmalwindeln benutzt und wärt konsequenter gewesen, wäre Euch das nicht passiert“.

Wow, noch heute macht mich das echt sprachlos.

Da halte ich es doch lieber wie die drei Affen: Nicht hinhören, nicht hinsehen, nicht sprechen, sondern unsere Situation und mein Kind betrachten und den für uns richtigen Weg finden. Gesagt, getan und ich bin sehr glücklich darüber, dass wir diese Phase gemeinsam wunderbar überstanden haben und nun alle trocken schlafen.

Nun bin ich aber auf Eure Geschichten gespannt! Wann war Dein Kind trocken oder auch nicht? Wie seid ihr mit dem Thema ins Bett nässen umgegangen? Und Eure Kinder. Kommentiert gerne.

Alles Liebe Inga