Hätte ich vor 4 1/2 Jahren gewusst, dass das Stillen ein Weg mit Berg- und Talfahrten ist, den ich und meine Zwillinge lernen müssen und wir nicht einfach drauf los stillen, ganz ehrlich, ich hätte Angst vor meiner eigenen Courage gehabt. Daher ist die Möglichkeit, bei der Blogparade „Mein schmerzfreier Stillstart“ von Tabea mitzumachen wunderbar, um eine dieser unendlich vielen, individuellen Stillgeschichten aufschreiben zu dürfen und damit werdenden Mamas einen Lichtblick und Ermutigung zu geben. Hier geht es mehr um seelische, denn körperliche Schmerzen, aber lest selbst:

Meine Zwillingsmädchen wurden in der 28.0 SSW geboren. Damit zählen sie rein medizinisch zu den sehr kleinen Frühchen. Wie viele andere Mütter auch, habe ich bis zu dem Zeitpunkt der Geburt nur daran gedacht, dass ich sie selbstverständlich stillen werde, aber wie das genau aussehen soll, welche Möglichkeiten und Hilfsmittel es gibt, darüber habe ich mich nicht vorab informiert. Und nun Frühchen, eine ganz spezielle Herausforderung emotional und praktisch.

Beide Kinder lagen in Inkubatoren auf der Neonatologie. Ich separat nach Kaiserschnitt auf der Wöchnerinnenstation. Für mich war selbstverständlich, gerade jetzt brauchen meine Kinder erstrecht Muttermilch. Die Schwestern hatten die elektrische Doppelhubpumpe schnell zur Hand, dazu den Auftrag „Bitte alle 3 Stunden, auch nachts pumpen, pumpen, pumpen“.

Heute weiß ich, dass es diese 3 Stundenregel nicht mehr gibt, dass es auch beim Pumpen nach Bedarf geht und 8-12x in 24 Stunden normal sind. Bedarf heißt hier nicht nur Bedarf des Babys, sondern auch Bedarf der Mutter. Ein wichtiger Aspekt, den ihr nicht aus dem Auge verlieren solltet, da Eure Kinder eine gesunde, zufriedene und möglichst entspannte Mama brauchen. Auch habe ich für mich zu spät gelernt, dass eine Brustmassage und sanftes Ausstreichen eine alternative, angenehmere und meist erfolgreichere Möglichkeit sein kann, das Kollostrum zu erhalten.

Nach ein bis zwei Tagen glühten meine Brüste, waren prall, aber kein Tropfen kam, während in dem „Pumpraum“ andere Mütter saßen, bei denen es gefühlt nur so floss. Das machte mich unsicher, setzte mich unter Druck, so dass ich immer länger pumpte, statt öfter. Nach Gesprächen mit einer Hebamme und Kinderkrankenschwester empfahlen sie mir die Brust vor dem Pumpen mit feucht-warmen Mullwickeln zu versehen, damit die Milch besser fließt und im Anschluss mit kalten Kohlwickeln zu kühlen…was eine Erleichterung!

Aber der wichtigste Tipp war: pumpe bei Deinen Kindern ab, schaue sie an, das kann helfen. Im Nachgang logisch, aber in der Situation nichts, worauf ich alleine gekommen wäre. Ab diesen Moment war ich entweder bei den Kindern zum Pumpen, oder hatte ein Bild von ihnen und freute mich über ihren Anblick.

Einen weiteren Tag später glühte die Brust nicht mehr, aber die so gewünschte Muttermilch floss immer noch nicht. Keiner sagte mir, dass dies noch kein Grund zur Sorge ist, ich hatte schließlich einen Kaiserschnitt, konnte die Kinder zu Beginn nicht berühren und mit ihnen kuscheln, Bindung aufbauen…einige Aspekte, die es nicht leichter machen, die Milch zum Fließen zu bringen. Dies sind auch Schmerzen. Schmerzen einer anderen Art, seelische Schmerzen, mit denen man umgehen muss. Glücklicherweise bin ich ein positiv eingestellter Mensch und versuchte die anfänglich wenigen Momente mit meinen Kindern 100%ig zu genießen und dort all die Kraft zu sammeln, die ich benötigte.

Zum Glück besuchte mich eine Hebamme, die sich mit Akupunktur auskannte. Sie punktierte mich und ein paar Stunden später – endlich! gab es wenige Tropfen Muttermilch. Diese wurden mittels einer Spritze den Kindern gefüttert. Ich bin noch heute sehr glücklich über den ersten Moment, in dem sie meine Muttermilch bekamen und werde diesen Augenblick voller Dankbarkeit nie vergessen. Mir fiel ein Stein vom Herzen, der Druck fiel ab. Ab diesem Zeitpunkt hieß es Pumpstillen.

Ja, man fühlt sich mit einer elektrischen Pumpe wie eine Kuh, was bei der Variante des Ausstreichens sicher nicht der Fall gewesen wäre.

Ja, es ist unangenehm, auch wenn die Aufsätze die richtige Größe für die Brust haben. Es gibt verschieden große Aufsätze, aber oftmals enthält das Set aus der Apotheke oder in Krankenhäusern erst einmal eine Standardgröße. Und es ist laut. Willst Du mal hören?

Ja, man vergleicht die Milchmenge und -farbe jedes Abpumpvorganges mit der vorherigen Menge und mit der Menge und Farbe die andere Mütter produzieren. Ich fragte mich, warum habe ich so wenig Milch? Wieso ist sie so hell und weiß? Läuft da alles richtig? Bin ich in der Lage meinen Kindern die Nährstoffe zu geben, die sie brauchen? Ich wusste nicht, dass die gepumpte Milchmenge nicht äquivalent zu der verfügbaren Milchmenge ist. Mir wurde lediglich gesagt, dass es bei Zwillingen wichtig ist, parallel zu pumpen, damit der Prolaktinspiegel erhöht wird, der die Produktion angekurbelt. Ich wusste nicht, dass es ganz normal ist, dass sich die Farbe mit der Zeit verändert. All dies setzte mich unter Druck. Das merkte ich und habe mir jedes Mal gesagt: Jeder Tropfen Muttermilch zählt. Egal wie er aussieht, egal wie viel es ist, Hauptsache das.  Irgendwie hat dies funktioniert, mir Druck genommen und tatsächlich habe ich mehrere Monate lang genug Milch für beide gehabt.

Nach einigen Wochen voller Pumpen, waren meine Mädels soweit gewachsen und gestärkt, dass wir die ersten Stillversuche unternehmen konnten. Bis dahin wurden sie erst mittels Spritze, dann mittels Sonde, anschließend mittels Flasche mit Muttermilch gefüttert. Von einer Saugverwirrung hatte ich glücklicherweise vorab nie gehört, daher war dies auch kein Aspekt der mir Sorgen machte (manchmal ist es anscheinend doch besser, je weniger man weiß, gehört oder gelesen hat).

Mein Wunsch war die beiden parallel zu stillen. Mit Stillkissen und Zureichen der Kinder haben wir dann in Parallelhaltung versucht das erste Mal anzulegen. Ich kann gar nicht beschreiben, was für ein Erlebnis das war. Denn im Gegensatz zu der Pumpe, war das Andocken vergleichsweise zart, vorsichtig und glücklicherweise auch schnell vom einem leichten Schmatzen begleitet. Sie waren noch zu schwach um dies lange durchzuhalten, aber es war ein weiterer Schritt auf dem Weg, der unglaublich schön und kraftspendend war.

© privat Inga Sarrazin

© privat Inga Sarrazin

Weniger aufgrund von Schmerzen, sondern mehr als Unterstützung für die noch etwas saugschwachen Kinder, wurde mir ein Stillhütchen angeraten. Damit haben wir zu Beginn gestillt, es fiel den Kindern leichter, doch schnell war mir dieses kleine Zwischending unangenehm, so dass ich immer öfter versuchte, es einfach weg zu lassen. Und siehe da, irgendwann klappte es auch ohne. So haben wir 6 Monate gestillt, mal mit abgepumpter Muttermilch, mal an der Brust, ebenso wie es für uns passte.

Wie Ihr gelesen habt, weicht diese Stillgeschichte von vielen sogenannten Normen ab. Aber es war unsere Normalität. Einiges hätte ich rückblickend anders machen können, zum Beispiel eine Stillvorbereitung in Anspruch nehmen können, mich mehr zum Thema belesen oder austauschen können. So hätte ich gegebenenfalls Alternativen gekannt, hätte gewusst, dass es spezielle Stillberaterinnen (AFS, LLL, DAIS, IBCLC) gibt, die uns Mütter unterstützen, ermutigen können.

Ich bereue all diese Erfahrungen nicht, stattdessen nehme ich diese mit in meine Zwillings-Stillberatungen, bin offen für alle Varianten des Stillens, denn wir sind unseren speziellen Weg gegangen und Ihr geht Euren Weg. Und das ist gut so.

Wenn Ihr Euch auf das Stillen vorbereiten, eine ehrenamtliche Stillberatung in Berlin in Anspruch nehmen möchtet oder jemanden sucht der auf das Stillen von Zwillingen spezialisiert ist, dann meldet Euch gerne unter info@maternita.de

Willst Du noch mehr Erfahrungsberichte und tolle Tipps rund um das Thema schmerzfreier Stillstart lesen? Mother Birth hat hierzu ebenfalls geblogt und ebenfalls Erfahrungen zum Thema „Pumpen bis es wehtut“ gemacht.