Berlin hatte innerhalb des letzten Jahres das große Glück, den berühmten Geburtshelfer Dr. Michel Odent gleich zweimal als Gast begrüßen zu dürfen, dank der von Camalo Gaskin organisierten Reihe „Birth to Birth Talks“. Wir hatten das Glück, bei beiden dieser aufschlussreichen Veranstaltungen dabei sein zu dürfen.
Bei dem kürzlich stattgefundenen dreitägigem Seminar mit dem faszinierendem Titel „Wie wir gebären“ konnten wir von den langjährigen und reichen Erfahrungen der Londoner Doula Liliana Lammers und der Still- und Laktationsberaterin (IBCLC) Indira Lopez Gomez profitieren, und die Gespräche mit Dr. Odent vertiefen.
Also wie sollen wir nun gebären? Nach Dr. Odent ist alles, was eine Frau braucht, um zu gebären, ein kleiner, abgedunkelter, warmer Raum mit einer erfahrenen Hebamme, die in einer Ecke sitzt und strickt – und sonst schweigt. So kontrovers dies erscheinen mag, die Forderungen von Dr. Odent lassen sich wissenschaftlich gut begründen: Jeder dieser äußeren Faktoren hat einen Einfluss auf das sensible Zusammenspiel der Hormone während der Geburt.
Eine ungestörte Geburt in einer vertrauten Umgebung, so die Argumentation von Odent, führt zumeist dazu, dass die Frau ihren Neokortex, den ‚denkenden‘ Teil des Gehirns, quasi ausschalten kann, was wiederum ihrem Körper erlaubt, genau das zu tun, worauf er von der Natur programmiert ist. Das Ziel der Natur ist eine schnelle und relativ schmerzfreie Geburt, und zwar durch den von Odent so bezeichneten „Fötus-Ejektions-Reflex“, einen unwillkürlichen Prozess, der keinerlei Eingriffe nötig hat.
Bei dem Symposium „Wie wir gebären“ sind die wissenschaftlichen Ausführungen von Dr. Odent ergänzt worden durch die Erzählungen von Liliana Lammers, einer Doula, die seit mehr als 17 Jahren in London tätig ist. Mit ihren Geschichten von Frauen, die alleine in ihrem Bad gebären, während die Hebammen bereits auf dem Weg zu ihnen sind; von Babys, die sie aufgefangen hat und von aufgeregten, beunruhigten Ehemännern, die sie abgelenkt und abgehalten zugleich hat, zeigt sich Lammers als wahre ‚Beschützerin der Geburt‘.
All das muss uns folgerichtig fragen lassen – ist so, wie wir heute, in der modernen Gesellschaft, gebären, gegen unsere Natur als Säugetiere? Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass der Mensch das einzige Säugetier ist, dessen Plazenta Antikörper der Mutter an das Kind überträgt. Bei allen anderen Säugetieren werden die Antikörper nur über das Kolostrum nach der Geburt an das Baby weitergegeben.
In der Geschichte vieler Kulturen ist das Kolostrum als gefährlich angesehen worden, oder sogar als tödlich für das Neugeborene. Das Stillen ist verzögert worden, bis die „richtige Milch“ da war, und Babys sind zum Säugen anderen laktierenden Frauen gegeben worden, anstatt der Mutter, (oder sie haben etwas gänzlich anderes bekommen!). Wären die Antikörper nicht über die Plazenta zu unseren Kindern weitergegeben worden, hätte sich die menschliche Rasse selbst auslöschen können. Hat die Evolution zu dieser Entwicklung geführt, um so das Überleben der Art zu sichern?
Außerdem gebären wir immer seltener in einer Umgebung, deren Bakterien uns vertraut sind, in unserem Zuhause. Das bedeutet für unsere Babys, dass sie viel gefährdeter sind, mit potentiell gefährlichen Bakterien, wie z. Bsp. MRSA, und Antigenen in Kontakt zu kommen. In vielen Gegenden der Welt ist zudem der geplante Kaiserschnitt zur kulturellen Norm geworden – was wiederum für unsere Babys heißt, dass sie nicht mehr während ihres Weges durch den Geburtskanal mit den verschiedenen so wichtigen Bakterien besiedelt werden. Und als wäre das nicht schon genug, wird oft verzögert oder gar nicht gestillt, so dass die Babys nicht mehr die wertvollen Antikörper und lebensnotwendigen Bakterien des Kolostrums / an der Brust der Mutter bekommen.
Die moderne Medizin hat zahlenmäßig zu einem deutlichen Rückgang der Neugeborensterblichkeit geführt und natürlich ist das Krankenhaus der richtige Ort für Risikoschwangerschaften und -geburten, wie auch der Kaiserschnitt eine Leben rettende Operation für Mutter und Kind ist. Aber wenn die Geburt in einer Klinik zur Norm wird, so die Argumentation von Dr. Odent, bewegen wir uns weg von einer natürlichen Geburt und schaffen zugleich Faktoren, die eine Geburt eher erschweren als sie auf die Art zu ermöglichen, die von der Natur vorgesehen ist.
Wir würden gerne eure Gedanken dazu hören. Denkt ihr, dass die Art und Weise, wie wir heute gebären, langfristig gesehen Auswirkungen hat auf unsere Fähigkeit natürlich zu gebären?
[:en]Berlin was lucky to have renowned obstetrician Dr Michel Odent as a visitor not only once but twice within the past year, thanks to Camalo Gaskin’s Birth to Birth Talks program. We had the pleasure of attending both of these enlightening events and were thrilled to be able to learn from the long and rich experience of London Doula Liliana Lammers and IBCLC Indira Gomez Lopez, alongside deepening the conversation with Dr Odent at the most recent event- a three-day symposium with the intriguing title ‘How We Birth’.
So how should we birth? According to Dr Odent, all a woman needs to give birth is a small, dimly-lit warm room with an experienced midwife sitting in the corner, knitting but otherwise silent. Controversial as it may seem, there are very sound scientific reasons behind Dr Odent’s claims: Each of these outside factors has an impact on the delicate hormonal balance of birth. Odent argues that an undisturbed birth, in a familiar environment leads for the most part to the woman being able to disengage her neocortex or ‘thinking brain’, thus allowing her body to do what nature intended. Nature’s intention was a quick and relatively painless birth via what Dr Odent calls the ‘fetus ejection reflex’, which is an absolutely involuntary process, not requiring any intervention.
At the ‘How We Birth’ Symposium, Dr Odent’s science was backed up with anecdotes from Liliana Lammers, who has been active as a Doula in London for over 17 years. Regaling us with stories of women giving birth themselves in the bathroom, the midwife already on her way, catching babies and distracting distressed husbands, Lammers revealed herself as a true ‘protector of birth’.
All of this begs the question- is how we birth in modern society against our nature as mammals? It has already been shown that human beings are the only mammal that transports antibodies via the placenta- all other mammals pass on their antibodies only in the colostrum that the baby receives post-birth.
In the history of many cultures, colostrum was considered to be dangerous, even fatal for the newborn. Breastfeeding was delayed until the ‘real milk’ came in and babies were given to a different lactating woman than the mother to suckle (or given an alternative!). If antibodies were not passed on to our children via the placenta, the human race could have wiped itself out. Could we have evolved in this way in order to ensure the future of our species?
Further, we no longer give birth in the bacterially familiar environment that is our home, which means that our babies are much more at risk of being exposed to dangerous bacteria and antigens (such as MRSA, for example). In addition, elective Caesarian section has become the cultural norm in many areas of the world, meaning that our babies miss out on being colonized by various important bacteria whilst passing through the birth canal. If that wasn’t enough, breastfeeding can often be delayed or never established, meaning that babies are not given the valuable antibodies and vital bacteria in their mothers’ colostrum/ on their mother’s breast.
It’s clear that infant mortality rates have decreased substantially as a result of modern medicine and for risk pregnancies and births, hospital is definitely the right place and caesarean section is a lifesaving operation for both mother and child. However when hospital birth becomes the norm, Dr Odent seems to be making the argument that we are moving away from natural birth and introducing factors that complicate rather than facilitate birth as it was meant to be according to nature.
We would love to hear your thoughts on this. Do you think how we birth now has a long term impact on our species’ ability to give birth in a natural way?
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