In der letzen Ausgabe von The Birth Journey durften wir über entspannte Elternschaft schreiben. Da vor einigen Tagen die neue Ausgabe herausgekommen ist und wir allen werdenden und frischgebackenen Eltern dieses tolle Magazin wärmstens ans Herz legen wollen, beglücken wir Euch mit eben diesem Artikel von uns….Viel Spaß beim lesen:
Neulich hörte ich ein Gespräch in der Bahn mit. Zwei Frauen, eine Mama mit Baby und ihre schwangere Freundin unterhielten sich über die Wahl des Geburtsortes. Die frischgebackene Mama sagte zur Freundin, wie froh sie letztendlich gewesen sei, dass sie im Krankenhaus ihr Kind bekommen hatte, weil die Geburt (nach Einleitung) doch mit einem Kaiserschnitt endete und wer weiß, was geschehen wäre, wenn sie nicht dort entbunden hätte…Sie könne gar nicht nachvollziehen, wie man Kinder woanders bekommen würde. Die Schwangere schwieg, dann erwähnte sie leise, sie habe sich in einem Geburtshaus angemeldet und hatte eigentlich ein gutes Gefühl…bis jetzt. Daraufhin erörterte die Mama noch eine ganze Weile, warum das Krankenhaus so großartig ist und die Freundin hörte verunsichert zu. Dann musste ich aussteigen.
Die einsame Großstadt-Mutter
Wenn wir die Statistiken lesen, dann sieht es heutzutage meist so aus: Mit Anfang/Mitte dreißig werden wir schwanger. Meistens wohnen wir in einer Großstadt oder Ballungsgebiet ohne familiäres Netzwerk. Wenige oder keine Freunde haben bisher Kinder, denn all die Freundschaften mit Kindern im Schlepptau haben sich nach der Familiengründung auseinandergelebt. Vielleicht haben wir einige Erfahrung im Umgang mit Babys durch einen früheren Babysitterjob, die kleine Nichte oder ein Nachzüglergeschwisterchen. Vielleicht auch nicht. Doch auf das, was jetzt kommen wird, sind wir nicht vorbereitet. Wie auch! Um uns gibt es kaum noch direkte Elternschafts-Vorbilder. Wir lassen uns also entweder ganz blauäugig auf das Abenteuer Familie ein oder wir wollen von Anfang an alles richtig machen und merken schnell, dass das Kinderkriegen eine ziemlich komplexe Sache geworden ist. Schnell werden wir überrannt mit schlauen Ratschlägen, Erfahrungsberichten und semi-hilfreichen Tipps. Die sind zwar stets gut gemeint, lassen uns unerfahrene Mütter aber häufig mit noch mehr Unsicherheiten zurück.
Gute Informationen für selbstbestimmte Entscheidungen
Was brauchen wir also damit wir unseren eigenen Weg finden? Die beste Strategie ist wahrscheinlich, nach Gefühl zu handeln. Das funktioniert meist so lange, wie alles problemlos läuft. Doch wenn Dinge nicht so sind, wie wir sie uns erhofft haben, es Probleme bei Geburt, Stillen gibt oder das Baby besonders anstrengend ist, hätten wir uns dann vielleicht doch eine bessere Entscheidungsgrundlage gewünscht. Und wenn es von vornherein eine Sammelsurium an Fragen zur Geburtsortwahl, der richtigen Hebamme, Elternzeit und Elterngeldmodellen oder Betreuungsmöglichkeiten aufkommen, dann hilft uns der Weg einer befreundeten Familie oder der Mütter in den Foren wenig. Statt zu hören, man solle in genau dieses Krankenhaus gehen, um sein Kind zu bekommen, wäre es doch viel hilfreicher zu erfahren, mit welchen Fragen wir uns befassen sollten, auf dessen Grundlage wir dann die richtige Entscheidung treffen können. Suchen wir uns also Menschen, die nicht nur einen guten Ratschlag haben, sondern die richtigen Fragen stellen, um dann, Antwort auf Antwort, ein eigenes Elternschafts-Fundament zu bauen.
Hilfe ist keine Schande sondern wichtig und notwendig!
Außerdem sollten wir schnell akzeptieren, dass wir nicht immer alles alleine stemmen müssen. Haushalt, Arbeit, Kinder, Partnerin…das sind verdammt viele Rollen, die wir füllen möchten. Das ist aber spätestens mit der Geburt des ersten Kindes die reinste Utopie. Wörter, wie Vereinbarkeit, haben schnell einen faden Beigeschmack und immer wieder fragen wir uns, wie die vielen Mütter vor uns allen das geschafft haben.
Lasst uns dazu einen Rückblick in die Steinzeit wagen, denn aus dieser Zeit sind wir noch sehr stark geprägt: Die Kinder wurden gemeinsam vom Familienclan großgezogen, Mutter und Vater gingen zu gleichen Teilen einer Arbeit nach, von normalerweise nicht mehr als 4 Stunden täglich und eben nur so viel, wie es zum Überleben nötig war. Den Rest der Zeit saß man zusammen und umsorgte die kleinsten und ältesten Mitglieder des Clans. Die Geschwister hatten einen natürlichen Abstand von etwa 3 Jahren und waren nie alleine. Geboren wurde Mithilfe erfahrener Clanmitglieder in den eigenen 4 Wänden und das Stillen konnte man sich abgucken. Sie waren also gemeinsam stark. Diese Gemeinschaft ist über die vielen Jahre immer kleiner geworden und mündet heute in der einsamen Großstadtfamilie. Was können wir also von unseren Steinzeitmüttern lernen? Ganz klar: Wir organisieren uns einen Großstadtclan! Eine Hebamme und/oder Doula als Unterstützung während der Geburt, eine Mütterpflegerin für das Wochenbett, eine liebe Leihoma und eine Haushalthilfe für die chaotische Kleinkinderzeit. Das sind alles Wege, wie wir uns Unterstützung um die wachsende Familie holen können, wenn wir keine anderen Alternativen haben. Das können für die Familien mit weniger Ressourcen Vereine, wie Wellcome e.V., sein und Familien mit einem soliden Finanzkonstrukt können sich das ohne schlechtes Gewissen ruhig „gönnen“.
Grundsätzlich müssen wir uns überlegen wohin unser Geld fließen soll. In eine umfangreiche Erstausstattung, in einen letzten großen Urlaub und/oder in ein unterstützendes Netzwerk für die frischgebackene Familie? Was ist nachhaltig hilfreich bzw. bereichernd und was ist uns wichtig? Und dann sollten wir uns Gleichgesinnte suchen, ganz egal ob digital oder in der Nachbarschaft. Mütter mit einer gleichen Realität, mit ähnlichen Sorgen und Themen. Frauen, die das Baby mal schnell halten, während man auf die Toilette muss, die ein Feuchttuch dabei haben, wenn das Kind den Brei auf der Bluse verteilt hat und die mit einer Windel aushelfen, wenn wir sie in der Eile mal wieder vergessen haben. Mütter, die verstehen, wie heißbegehrt eine Dusche sein kann und die nachvollziehen, wie doof es manchmal ist, zuhause mit dem Baby festzuhängen, statt mit einem Wein beim Geburtstag der Freundin zu sitzen. Solche neuen Freundschaften werden uns immer wieder retten und uns zeigen, dass wir eben doch nicht alleine sind. Lasst uns also Menschen suchen, die uns wichtig sind und glücklich machen, professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen, wenn wir sie privat nicht bekommen können und uns die richtigen Fragen stellen (lassen), damit wir gestärkt unseren Weg in die Elternschaft finden. Und haltet Euch fest, denn das Abenteuer wird das großartigste Eures Lebens!
Das neue Magazin sieht übrigens so aus:
und ist seit dem 20.03.2017 hier erhältlich.
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