Mir, Inga, liegt das Thema Frühchen sehr am Herzen, da meine Zwillinge als extrem kleine Frühchen in der SSW 28.0 das Licht der Welt erblickten. Im Gegensatz zu vielen anderen Eltern, war dies vorher abzusehen, da ich bereits 10 Wochen im Krankenhaus lag und die Wahrscheinlichkeit, dass es Frühchen werden würden sehr hoch war. So hatte ich die Gelegenheit mich seelisch und moralisch darauf vorzubereiten, soweit dies vorab möglich ist. Natürlich war die Realität eine vollkommen andere. Aber sehr viele Familien haben keine Möglichkeit der Vorbereitung, da plötzliche Komplikationen auftreten und von jetzt auf gleich das Kind geholt werden muss. Sie werden von einer Sekunde auf die andere in eine Situation befördert, der man sehr schwer gewachsen ist, die belastet, die ängstigt, verunsichert.

Plötzlich ist da ein kleiner Mensch, der schwere Anfangsbedingungen hat, viel Gerät, einen Inkubator, Schläuche, Alarmtöne, die man nicht einschätzen kann, viel medizinisches Personal, welches um das Baby herum ist-nur die Familien selbst sind in den wenigsten Situation direkt um das Baby herum und können verstehen was geschieht und warum. Dies ist eine unvorstellbare, schwierige Situation für alle Beteiligten Baby und Eltern. Es gibt nichts was einen darauf vorbereiten kann. Wer sich jedoch mit diesem Thema beschäftigen möchte, sich über die medizinischen Abläufe informieren möchte oder einfach einen Erfahrungsbericht einer Frühchenmama lesen und sehen mag, dass er nicht alleine ist – für all diese habe ich hier ein paar Frühchenbücher gelesen, die ich Euch gerne vorstellen möchte. Vielleicht ist ja für den Einen oder Anderen ein Tipp dabei.

Frühchen-Intensivbetreuung und liebevolle Förderung Dr. Su Laurent & Mya Isaaks

Frühchen - Intensivbetreuung und liebevolle Förderung

Dieses Buch beschreibt sehr kompakt und eher zu kurz Gegebenheit im Krankenhaus, medizinische Abläufe und Behandlungen. Gespickt ist es mit realitätsnahen Bildern und kurzen Zweizeilern von betroffenen Familien. Folgende Kapitel werden hier behandelt

Der Beginn/Die Frühchenstation/Leben auf der Station/Die Pflege des Babys/Überwachung und Behandlung/Endlich daheim/Ausblick

Das Buch hilft einen Einblick in Abläufe zu bekommen und diese besser zu verstehen. Während des Aufenthalts auf der Neonatologie kann es ein Nachschlagewerk sein, welches einen erklärt warum viele Dinge so ablaufen und gehandhabt werden. Es ist in meinen Augen eher ein Lexikon, weniger ein Ratgeber und tatsächlich erschließt sich mir nicht warum der Untertitel „und liebevolle Förderung“ gewählt wurde. Gerade für Frühcheneltern ein sehr sensibles Thema, angefangen von Schuldgefühlen als Frau nicht genügt zu haben, über Sorgen um das Kind und Unsicherheiten wie man mit diesem umgehen soll, wie es sich entwickeln wird, usw. Leider werden zu wenig Hilfestellungen aufgeführt, zu wenig darauf eingegangen wie die Eltern in dieser Situation ihrem Kind beistehen können, Bindung aufbauen können, usw. Wie so oft wird auch der Übergang von Krankenhaus nach Hause viel zu kurz besprochen, aber genau dieser Zeitpunkt bedarf der einfühlsamen Begleitung der Eltern, da sie das erste Mal alleine auf sich gestellt und meist sehr unsicher sind.

Mein Fazit:

Ein Lexikon für die Zeit auf der Neonatologie. Keine Vorbereitung auf die weitere Entwicklung, eventuelle Folgeschäden und deren Behandlungs- oder Präventionsmöglichkeiten. Wer sich emotional aufgegangen fühlen oder verstanden fühlen möchte, sollte von diesem Buch meiner Meinung nach Abstand halten.

Geboren in Bozen – Heidi Siller

Heidi Siller - Geboren in BozenHeidi Siller hat ihre eigene Geschichte und die ihres Sohnes Arthur als Erfahrungsbericht niedergeschrieben und selbst verlegt. Von der ersten Seite an wird ist der Leser mittendrin in ihrem Leben, dem Erlebten, welches sie im Tagebuchform niedergeschrieben hat. Nach einem längeren unerfülltem Kinderwunsch, endlich schwanger und am Ziel wollen sie und ihr Mann den letzten gemeinsamen Urlaub antreten. Plötzlich und unerwartet wird daraus ein kurzer Krankenhausaufenthalt mit einer Frühgeburt in der SSW25+4. Der anschließende Neonatologieaufenthalt, ihre Sorgen und Ängste, ihre Partnerschaft, der Umgang von dem medizinischen Personal mit ihr, ihrem Baby wird sehr eindringlich, offen und emotional beschrieben. Die Autoren legt ihre Gefühls- und Gedankenwelt sehr anschaulich dar, reißt einen mit, man leidet mit ihr und bekommt einen Eindruck von dieser außergewöhnlichen Situation.

Mich selbst hat dieses Buch sehr berührt, viele fast vergessene Situationen wieder aufleben lassen und mir gezeigt wie viel Frühcheneltern doch gemein haben.

Mein Fazit:

Ein ungeschönter Erfahrungsbericht aus dem realen Leben, der einem das Verständnis für eine außergewöhnliche Erfahrung nahe bringt. Für Eltern und Fachpersonal rund um die Geburt lesenswert.

Das Frühchen-Buch -Werner Garbe

Das Frühchen-BuchSchwangerschaft, Geburt, das reife Neugeborene, das Frühgeborene praktische Tipps für Eltern so der Untertitel des Buches. In Form von Fragen und Antworten werden hier anschaulich und vor allem verständlich alle wissenswerten Fakten vermittelt. Hierbei geht es nicht nur um medizinische Fakten oder Abläufe sondern auch und das gefiel mir sehr gut um Fragen, die sich die frischgebackenen Eltern häufig stellen. Hier eine kleine Auswahl damit Ihr einen Eindruck bekommt.

Wann darf ich mein Frühgeborenes das erste Mal sehen? Gibt es eine bestimmte Kleidungsordnung auf der Neonatologie für die Eltern und Besucher? Darf ich mein Stillgeborenes stillen? Was geschieht mit meiner überschüssigen Muttermilch? Wie bekommen die Eltern Kontakt zu ihrem Kind und was dürfen sie während des Klinikaufenthalts alles tun? Müssen Frühchen zu Hause besonders geschont oder beschützt werden? Kann man die Fahrtkosten von der Steuer absetzen? Habe ich Anrecht auf eine Haushaltshilfe, uvm.

Mein Fazit:

Ein gelungener Ratgeber, der viele Fragen rund um die Anzeichen einer Frühgeburt bis hin zum Aufenthalt auf der Frühchenstation beantwortet. Dabei stehen die Sorgen und Ängste der Eltern nicht hintenan, sondern werden als Fragen formuliert und adäquat beantwortet.

Frühgeborene – zu klein zum Leben? Geborgenheit und Liebe von Anfang an von Marina Marcovich

Frühgeborene- zu klein zum Leben?Dr. Marina Marcovich, selbst Fachärztin für Kinderheilkunde und Intensivmedizin bei Frühgeborenen entwickelte ein den 90er Jahren ein neues Pflegekonzept und setzte dies in ihrer Klinik gegen alle Widerstände um. Dabei geht es vor allem darum, die Bedürfnisse des Frühchens und der Eltern wahrzunehmen, ernst zu nehmen und sie empathisch zu begleiten. Dies wird ausführlich in den Kapiteln: Was bedeutet die Frühgeburt für Mutter und Familie? Was bedeutet die Frühgeburt für das Kind? dargestellt.

Eine weitere Rolle spielt die Reduktion von medizinischen Interventionen und die emotionale Intelligenz des medizinschen Fachpersonals in Bezug auf das Frühchen und die Eltern, was in dem Kapitel „Vom sanften Umgang mit Frühgeborenen“ wunderbar beschrieben wird.

Mein Fazit:

Sowohl für Eltern als auch das medizinische Personal eine wunderbare Lektüre, die hilft zu verstehen wie wichtig ein Zusammenspiel beider Seiten ist, um das frühe Leben so gut als möglich zu fördern, Bindung aufzubauen und mehr Wärme in das Stationsumfeld zu bringen.

Nun bleibt nur noch zu fragen, was Eure Tipps für Bücher rund um das Thema Frühgeburt sind?

Was hat Euch daran besonders gefallen und würdet Ihr es anderen Eltern empfehlen?