Jede Familie wünscht sich ein schönes Geburtserlebnis. Viele Familien besuchen zur Vorbereitung einen Geburtsvorbereitungskurs, bereiten sich gemeinsam mit ihrer Hebamme vor, nehmen eine Doula in Anspruch oder nehmen an einem Hypnobirthingkurses teil. Unabhängig davon ob die Wahl auf den Geburtsort Krankenhaus, Geburtshaus oder zu Hause fällt, es gibt einige Dinge die Familien in der Vorbereitung beachten und vorbereiten sollten und vor allem als Wünsche an das jeweilige Personal kommunizieren sollten, um so Ihrer eigenen Vorstellung von der Geburt so nah wie möglich zu kommen.

Vor wenigen Wochen haben wir eine Veranstaltung mit Dr. Michel Odent besucht, ein bekannter Gynäkologe der die Geburtsmedizin revolutioniert hat, zahlreiche Forschungen rund um das Thema Geburt begleitet hat und seine Ergebnisse in seine Arbeit hat einfließen lassen. In seinem Buch Geburt und Stillen – Über die Natur elementarer Erfahrungen zeigt er u.a. auf wie wichtig die Urinstinkte für die Geburt sind, welche Faktoren die Geburt negativ beeinflussen und mittels welcher Möglichkeiten Frauen der Natur ihren Lauf lassen können.

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Dies gab uns den Anstoß Euch einige Anregungen für Eure individuelle Geburtsvorbereitung mitzugeben:

  1. Klein und vertraut

Ein wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Aspekt rund um die Geburt ist, dass die Frau sich sicher fühlt. Wo fühlen wir uns sicher?

In kleinen, vertrauten Räumen die kuschelig anmuten. Frauen benötigen einen Raum der Ihnen vertraut ist, in dem sie sich wohl fühlen und der so die Möglichkeit gibt sich fallen zulassen, alles um sich herum zu vergessen, also sprichwörtlich das Gehirn auszuschalten. Was meint in diesem Fall „Gehirn ausschalten“? Unser Gehirn besteht aus dem archaischem Stammhirn und dem Großhirn, auch Neokortex genannt. Das Stammhirn bringt all unsere Urinstinkte zum Vorschein, während der Neokortex unsere erlernten Erfahrungen, zielgerichtete Handlungen, Entscheidungen und Pläne lenkt und damit und das ist für die Geburt wichtig zu wissen, unsere Instinkte, also das Stammhirn unterdrückt. Diese Urinstinkte benötigen wir aber um die natürlichen Abläufe zu aktivieren und so die Geburtsphasen schneller und unkomplizierter zu durchleben.

Wie könnt ihr also kleine und vertraute Gegebenheiten herbeiführen?

Wollt Ihr in einem Geburtshaus gebären, dann haltet Euch dort vorab so oft als möglich auf. Besucht Kurse, trefft Euch dort mit Eurer Hebamme, so dass Ihr Euch von Mal zu Mal wohler fühlt.

Wenn Ihr in ein Krankenhaus geht, ist es wichtig, dass Ihr möglichst einige Dinge dort hin mitnehmt, die es gemütlicher machen. Dies kann Musik sein, Bilder, eine Geburtskerze, Duftöl, ein Kuschelkissen..,was auch immer Euch wichtig ist und Euer Wohlbefinden fördert. Ggf. besteht auch die Möglichkeit bei einem großen Raum einen Raumteiler zu nutzen, so dass Ihr Euch gefühlt in einem kleineren Umfeld entspannen könnt.

Habt Ihr Euch für eine Hausgeburt entschieden so habt Ihr die optimale Wohlfühloase gewählt, die Ihr so ausstatten könnt wie Ihr es Euch wünscht.

  1. Unbeobachtet und dunkel

Ein zweiter sehr wichtiger Aspekt für die Geburt ist sich möglichst unbeobachtet zu fühlen. In einigen Kulturen ist es heute noch gängig sich an spezielle Gebärorte zurückzuziehen, abgeschlossen von der Außenwelt, ohne bzw. mit wenigen vertrauten Helfer, sicher vor „Gefahren“ und Eindrücken, die nichts mit der Geburt zu tun haben. Diese Ausgangssituation führt dazu, dass zum Einen die Möglichkeit besteht, ganz bei sich zu sein und der Natur und den Urinstinkten seinen Lauf zu lassen und zum Anderen, dass die Geburt kürzer verläuft. Wieso kürzer? Michel Odent sagt „Die Länge einer Geburt ist proportional zur Zahl der anwesenden Menschen“. Sehr nachvollziehbar, denn je mehr Menschen um einen herum sind, desto beobachteter fühlen wir uns, desto mehr sind wir abgelenkt und desto weniger haben wir die Möglichkeit uns voll und ganz auf uns zu fokussieren. Dies kann bedeuten, dass wir aus dem Geburtsprozess herausgerissen werden, es stillsteht und der Geburtsprozess deutlich verlängert wird.

In der heutigen Zeit und industriellen Ländern ist es schwierig eine unbeobachtete Situation zu erreichen. Im Vorwehenzimmer oder Kreißsaal sind oft viele Menschen um Euch herum, es gibt Schichtwechsel, vielleicht Praktikanten oder Auszubildende, die ein- und ausgehen, der Partner der Euch während der Geburt unterstützen soll, u.v.m. Hinzukommt, dass es gerade in Krankenhäusern oft grelle Lichtquellen gibt, die eine Beobachtung erst recht ermöglichen und Euch davon abhalten die notwendige Abgeschiedenheit und das Insichselbstsein zu erreichen.

In Geburtshäusern und natürlich zu Hause, sind meist deutlich weniger Menschen um Euch herum, eher Menschen, die Euch vertraut sind, die Ihr als Unterstützung gewählt habt, die Eure Bedürfnisse kennen, die gewährleisten, dass der Geburtsraum so vorbereitet ist, dass Ihr Euch wohlfühlt, entspannt und möglichst unbeobachtet seid. Hier könnt Ihr Lichtquellen weitestgehend reduzieren, es heimelich machen und so alles optimal vorbereiten.

Wenn Ihr also im Krankenhaus entbindet ist es sehr wichtig, dass Ihr schon vorab mit Eurer Hebamme, dem Partner, etc. besprecht, dass wenn möglich das grelle Licht vermieden wird, es möglichst dunkel ist, vielleicht nur eine Geburtskerze brennt, Störungen durch Außenstehende vermieden werden, ggf. Raumteiler eingesetzt werden, Vorhänge zugezogen werden, vielleicht ein Schild an der Außentür angebracht wird, welches bittet Störungen zu vermeiden oder auch der Partner gebeten wird, vor der Tür zu schauen, dass möglichst niemand Unbeteiligtes die Geburt stört. Dies sind nur einige Möglichkeiten einen dunklen und ungestörten Raum vorzubereiten.

  1. Beschützt

Schutz und Vertrauen sind einer der wichtigsten Grundlagen für eine möglischst unkomplizierte, natürliche Geburt. Die Frau muss sich fallen lassen können, sich trauen zu schreien, zu tönen, jede gewünschte Körperposition einnehmen können oder wie Michel Odent sagt: „…Ihre Schließmuskel zu öffnen, zu vergessen was sie gelernt hat, was kulturell anerzogen ist, sogar was der Anstand verlangt.“ Dies kann nur gelingen, wenn sie sich beschützt fühlt und ganz mit sich selbst ist. Daher brauchen wir Frauen während der Geburt Menschen um uns herum, die uns vor Ablenkung, Störungen bzw. „Gefahren“ schützen, die den Weg ebnen.

Wer also kann euch beschützen? Wer sorgt dafür, dass Ihr möglichst unbeobachtet sein könnt? Hier gibt es mehrere Möglichkeiten:

Zum Einen natürlich Eure Hebamme. Eine Hebamme, der Ihr vertraut, die erfahren ist und Euch die meiste Zeit im Hintergrund unauffällig beobachtet und nur anspricht oder einschreitet, wenn wirklich Bedarf da ist. Sie gibt Euch Sicherheit, Geborgenheit und ebnet so den Weg für die natürliche Geburt.

Zum Anderen könnt Ihr auch bereits vor der Geburt eine Doula als Vertraute hinzuziehen. Diese unterstützt Euch ergänzend zur Hebamme vor und während der Geburt vor allem emotional, hält Störungen von Euch fern, ist Euer Sprachrohr und schaut, dass Ihr die Möglichkeit habt Euch ganz auf Euch zu konzentrieren und dabei von ihrem Erfahrungen zu profitieren.

Aber auch der werdende Papa kann Euer Beschützer sein. Einige Frauen brauchen den Partner um sich sicher zu fühlen, einen Partner der mit Ihnen durch die Geburt geht, sie hält, massiert, Trinken reicht, usw. Andere Frauen wiederum benötigen den Partner eher im Hintergrund als Beschützer, der vor dem Raum steht und Störungen vermeidet, aber nicht direkt im Geburtsraum anwesend ist. Es gibt Frauen, die berichten, dass sie erst wirklich los lassen konnten und sich auf den Geburtsprozess einlassen konnten, als Ihr Partner den Raum verlassen hat.

Eine weitere Option ist Eure Mama. Für die Einen eine grausige Vorstellung, für die Anderen eine wichtige Stütze. Die eigene Mutter kennt einen in- und auswendig, hat Geburtserfahrungen, kann Dich gut einschätzen und Deine Bedürfnisse erkennen. Sie kann Dir möglicherweise den Schutzraum geben, den Du genau während der Geburt brauchst. Sie kann Dich ermutigen und trösten, Dich massieren oder einen nassen Waschlappen auf die Stirn legen, sie wird alles dafür tun, dass es Dir so gut wie möglich geht und dafür eintreten.

Wer es weniger nah, aber ebenso intim mag, kann auch eine gute Freundin als Teil des Geburtsteams wählen. Eine vertraute Person, die nicht Teil der Familie ist, aber trotzdem eine wichtige Stütze für Dich. Wenn Du Dich bei Ihr fallen lassen kannst und keine Bedenken hast, kann sie Dir eine wertvolle Begleiterin sein.

Welche(r) BeschützerIn für Euch auch immer der/die Richtige ist, wichtig ist, dass Ihr vertrauen könnt, Euch sicher fühlt und schon vorab eine Situation schafft, die Euch ermöglicht ohne Ablenkung von Außen bei Euch zu sein und den Urinstinkten ihren Lauf lassen könnt.

Wir hoffen dies gibt Euch einige Ideen, die Ihr zur Vorbereitung auf Eure Geburt nutzen könnt und wünschen Euch eine wunderbares Geburtserlebnis. Wenn Ihr bereits Erfahrungen mit Dingen habt, die Euch geholfen haben, dann lasst uns gerne teilhaben!

Bildquelle: fotolia © sylv1rob1