Vor einigen Wochen hat die ZEIT online uns Baby Planner vorgestellt und es gab, wir haben es nicht anders erwartet, viele entrüstete Kommentare und wenig reflektiertes Feedback. Auch in dem Buch der Doula Kollegin Denis Wilk heißt es, wir würden Angst und Hilflosigkeit schüren nicht die eigene Ressourchen der Frauen stärken, sondern Expertise von oben herab vermitteln. Da bei beiden Inhalten (Buch wie Kommentare) weder gründlich recherchiert noch bei uns oder unseren Kolleginnen nachgefragt wurde, wie sich unsere Arbeit gestaltet, möchten wir gerne stellvertretend in diesem Beitrag auf all die Vorurteile, die uns so begegnen, antworten:
1. Was für eine Abzocke – wieder jemand der Geld mit den armen Müttern machen will
Wir finden es immer wieder erstaunlich, dass ein lokaler Service, der freiwillig in Anspruch genommen werden kann als Abzocke gesehen wird. Überteuerte Medikamente die eigentlich zugänglich für jeden sein sollten, sind Abzocke, versteckte Abos, überteuerte Bahntickets und gemeine Abmahnanwälte sind es auch. Aber ein Service, den man ganz freiwillig nutzen kann, wenn man ihn braucht – oder eben nicht – das klingt doch eigentlich nach einem ganz normalen Geschäftsmodell…
2. Das sollte es kostenlos geben ODER das gibt es doch bei Profamilia & CO. doch umsonst
Es ist wirklich toll, dass es Profamilia und Co. gibt. Sie sind wertvolle Beratungsstellen, die viele Frauen dankbar annehmen und dringend brauchen. Diese (meist Vereine oder Verbände) sind hauptsächlich für bedürftige Schwangere da und helfen in eher schwierigen Fällen aus. Denn dort wird geschaut, wo kann ich Förderungen erhalten, welche Gelder stehen mir zu, was kann ich tun, wenn ich ungewollt schwanger geworden bin etc. Theoretisch kann zwar jeder dort beraten werden, aber praktisch würde das bedeuten, dass die Damen dort nicht mehr mit der Arbeit hinterher kommen und Frauen, die ihre Hilfe, in der Form wie sie dort angeboten wird, wirklich brauchen, keine Unterstützung erhalten. Außerdem sind die Beraterinnen vor Ort mit ganz anderen Fragestellungen beschäftigt und haben ganz andere Kompetenzen aufgebaut als wir. Ein Aspekt der ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist, ist dass nicht jede(r) gerne diese Anlaufstellen nutzen möchte. Vielleicht gibt es eine Hemmschwelle oder auch einfach das Bedürfnis sich jemanden nach Hause zu holen, der einen Vorort individuell berät, informiert und ggf. sogar entlastet und unterstützt?
3. Das macht doch jede gute Hebamme! Schlimm, dass ihr die Hebammen so abschafft!
Wenn das Deine Hebamme macht, dann herzlichen Glückwunsch, du hast im Lotto gewonnen. Eine Hebamme ist ein unerlässlicher Bestandteil für die Geburt und die Vor- und Nachsorge. Die Hebamme oder der Entbindungspfleger ist als Einziger berechtigt Dich in medizinischen Fragen, alleine oder ergänzend zu Deinem Gynäkologen, zu unterstützen. Sie schauen vor Allem auf das körperliche (meist auch auf das seelische) Wohl von Mutter und Kind. Organisatorische Fragen sind eigentlich nicht mehr ihr Aufgabenbereich, werden ihnen nicht bezahlt und durch die Hebammenknappheit haben sie meist nur noch sehr begrenzte Zeiten die notwendige Betreuung bei den Frauen durchzuführen. Oder, wie es Anja neulich beschrieb: Nur eine Hebamme ist eine Hebamme.
Wir nehme also nichts weg, ganz im Gegenteil, wir helfen dabei, dass sich die Hebammen auf diese wichtige, wesentliche Arbeit konzentrieren können. Wenn Not an der Frau ist unterstützen wir dabei eine Hebamme zu finden und sind u.a. Mitglied im Verein Mother Hood e.V. . Außerdem versuchen wir den Frauen Alternativen zu empfehlen, sollten sie gar kein Glück mehr haben, eine Hebamme zu finden. Und weil das viele Hebammen auch so sehen, haben wir tolle Partnerschaften mit Ihnen und bieten mittlerweile auch in einigen Hebammenpraxen in Berlin unsere Workshops an. Schon im Interesse der vielen werdenden Mütter und unserer Kinder, wären wir glücklich und dankbar, wenn diesen auch zukünftig die wertvolle Betreuung einer Hebamme selbstverständlich gewährleistet werden könnte.
4. Für eine Frau, die viel arbeitet und keine Zeit hat mag das ja sinnvoll sein, aber ansonsten braucht man das doch nicht und kann es sich eh nicht leisten
Unser Service geht mit 20 Euro los…Das ist weniger als eine Umstandshose kostet. Außerdem lassen sich viele von unseren Kundinnen unsere Beratung von lieben Kollegen, tollen (Schwieger)Eltern oder lieben Freunden schenken…Sie haben meistens mehr davon als 3 Strampler in der 50/56 😉
6. Nichts traut man den Müttern mehr zu!
Ganz im Gegenteil! Zum Glück traut man den Müttern wieder mehr zu! Es muss nicht mehr zwingend auf dem Rücken geboren werden, Nähe und Bindung wird durch Familienbett, Tragen und Co. wieder beliebter, Berufe wie Mütterpflegerin oder Doulas, Stillberaterinnen, etc. verbreiten sich zunehmend – all das ist großartig und zeigt, dass die Mutter selbst sowie die Unterstützung um sie und das Baby immer mehr an Bedeutung gewinnt – der Clan wird neu erfunden. Meist ist bei dem zweiten Kind all das schnell organisiert…doch eben meist erst beim Zweiten.
Wir haben es uns auf die Fahne geschrieben auch schon bei der ersten Schwangerschaft die Frauen zu informieren und zu zeigen, was möglich ist, welche Aspekte sie durchdenken sollten, um ihnen den Weg zu einer selbstbestimmten Geburt und Familiengründung zu ebenen.. Beckenendlage muss kein Kaiserschnitt werden, Gebären kann man mittlerweile auf verschiedene Arten und das Elterngeld kann man mittlerweile auf dem unterschiedlichsten Weg beziehen. Klar würde ein Stadtfremder (Schwangere sind meistens keine Babyprofis) durch Berlin finden, aber mit Stadtführer findet man eben noch tolle Sehenswürdigkeiten und Insidertipps…und so ist das mit unserem Service auch: Selbstverständlich kommen die Frauen auch ohne uns durch die Schwangerschaft, aber mit uns nimmt man vielleicht ein kleines bisschen mehr an Infos, Optionen und Entlastung mit.
7. „Das kann ich doch alleine“ oder auch „Früher hat das meine Mutter doch auch alleine geschafft“
Wenn Du das alleine kannst, dann ist das doch großartig! Echt! Aber wie kommst Du darauf, dass es jeder gleich gut kann? Warum schließt Du von Dir auf andere? Was ist mit der Frau, die aus den USA nach Deutschland zieht und keinen Schimmer von unserem System hat (viele unserer Kunden sind Expats), was ist mit der Frühchenmama die im Krankenhaus liegt und nichts vorbereitet hat, aber das Kind soll in der 32 Woche geholt werden? Was ist mit den Frauen, die es sich gönnen jemanden an ihrer Seite zu haben, weil sie eben keine Mama oder Freundin hinter sich wissen, die helfen kann? Es gibt so viele Szenarien wie Familienkonstellationen und Lebensgeschichten…deswegen sollte man immer vorsichtig damit sein, von sich auf andere zu schließen und vorschnell zu urteilen!
Wie ihr seht ist es nie so schwarz weiß wie viele es vorschnell abtun. Wir würden uns wirklich sehr wünschen, dass eben all diese Kritiker mit uns ins Gespräch kommen oder wenigstens einen Schritt zurückgehen und sich unsere Arbeit aus verschiedenen Perspektiven ansehen, denn dann wird schnell klar, dass es nie eine Wahrheit gibt und man eben nicht immer von sich und seinem Standpunkt ausgehen kann. Also seid offen für Neues, schaut auch die Menschen dahinter an und glaubt an gute Absichten, auch wenn es es nicht immer kostenlos sein kann.
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