Wir begleiten mit maternita schwangere Frauen und werdenden Familien in die Zeit mit Baby. Meist sind es Frauen, die das erste Mal gebären, die Fragen haben, Entlastung suchen und froh sind, dass es Menschen gibt, die ihnen Möglichkeiten aufzeigen, die sie abwägen und dann eine Entscheidung für sich treffen können. Soweit so gut. Nun gibt es aber gerade in der Schwangerschaft und als frischgebackene Eltern viele „Begleiter“ rund um alle Fragen, die die Familien betreffen.

Während der Schwangerschaft angefangen vom Gynäkologen über die Hebamme, vielleicht noch eine Ernährungsberaterin, die Hypnobirthingkursleiterin usw…

Rund um die Geburt die Hebamme, die Doula, das Fachpersonal im Geburts- oder Krankenhaus…

Mit der Ankunft des Babys die Kinderkrankenschwester, der Neonatologe, das Fachpersonal im Geburts- oder Krankenhaus, die Mütterpflegerin, der Kinderarzt, die Nachsorgehebamme, die Stillberaterin…

Diese „Begleiter“ sprechen mit. In fast keiner anderen Lebenssituation gibt es so viele Menschen beruflicher Couleur, die einem sagen wie man was machen sollte, was für einen das Beste ist, die mitmischen, Ratschläge medizinischer oder auch organisatorischer Art geben.

Bei all dem, sollte das Interesse aller Beteiligten darum gehen, die werdende Familie zu unterstützen, sie zu stärken, sie aufzufangen, sie auf ihrem Weg zu begleiten, Hilfestellungen zu geben und so den Weg für einen guten Start in ein Leben als Familie zu ebnen.

Aber leider scheint es so, dass dies in manchen Fällen nicht das Hauptinteresse zu sein scheint bzw. dieses ursprüngliche Hauptinteresse in den Hintergrund tritt. Es scheint so, dass es oftmals mehr um (Fach)Kompetenzen geht, um Positionierung, um Abgrenzung oder auch das Verdecken von Unsicherheiten?

Um zu verdeutlichen was wir meinen hier einige Beispiele, die wir erlebt haben:

Doula und Beleghebamme

Eine Frau suchte nach Sicherheit und Vertrautheit während der Geburt. Daher entschloss sie sich, sich durch eine Beleghebamme begleiten lassen zu wollen. Da sie aufgrund ihrer Vorgeschichte emotional unsicher war, kam die parallele Begleitung durch eine Doula für sie in Betracht. Für sie die ideale Kombination um sich sicher und aufgehoben während der Geburt zu fühlen. Sie fand mit unserer Hilfe das Krankenhaus in dem sie sich wohlfühlte, bekam eine Beleghebamme mit freier Kapazität und eine Doula. Die Doula traf genau ihre Vorstellungen und sie war glücklich und froh nun eine emotionale Stütze gefunden zu haben. Doch dann informierte sie ihre Beleghebamme über ihren Wunsch der Unterstützung durch die Doula. Diese war schockiert und sagte ihr, sie brauche keine Doula, da sie ja eine Beleghebamme habe. Die Doula würde sich nur in die Arbeit der Hebamme einmischen und damit wäre der Frau nicht geholfen. Der Einwand, dass die Schwangere sich auch für Ihren Partner eine emotionale Stütze wünschte, war in den Augen der Beleghebamme Unsinn: “ das ist doch ein starker Mann, um den müssen sie sich keine Sorgen machen!.

Auch nach wiederholter Bitte der Schwangeren war die Beleghebamme nicht bereit unter diesen „Umständen“ die Frau zu begleiten. Daraus ergab sich, dass die Schwangere völlig verunsichert war, nicht mehr wusste ob sie die für sich richtige Entscheidung getroffen hatte, für wen der beiden „Betreuenden“ sie sich entscheiden sollte, anhand welcher Kriterien sie sich entscheiden sollte, was richtig war, was falsch. In diesem Zustand bat sie um unseren Rat, um eine Entscheidungshilfe, am besten um eine Abnahme der Entscheidung.

Alle Berater, die sich verantwortungsvoll verhalten, die im Interesse der Frau und Familie arbeiten, die sie stützen wollen, können der Frau nur raten auf ihr Bauchgefühl zu hören, sich nicht von Meinungen oder (fachlicher) Kompetenz beeinflussen zu lassen und die Frau aufzufordern sich einen Moment Zeit zu geben in sich hinein zu hören.

Nach einigen Tagen war die Entscheidung gefallen: Die Frau entschied sich für die Begleitung durch die Doula und in dem Wissen, dass sie und ihr Kind nach der Geburt im Krankenhaus ebenfalls durch Hebammen betreut werden, entschied sie sich gegen die Beleghebamme. Für sie und ihren Mann auch im Nachgang die richtige Entscheidung.

Gynäkologe und Hebamme

Noch während der Schwangerschaft und auf der Suche nach einer Hebamme für die Vor- und Nachsorge, berät eine Gynäkologin einer werdenden Mehrlingsmutter und Erstgebärenden im Hinblick auf eine Nachsorgehebamme. Da die Schwangere bereits eine Mütterpflegerin und Stillberaterin habe, wäre doch die Arbeit der Nachsorgehebamme sehr begrenzt und nicht unbedingt notwendig. Hier fehlen einem fast die Worte…sicher gibt es Frauen, die selbstsicher sind, die schon Kinder geboren haben, die evtl. in einem Umfeld aufgewachsen sind, welches stark durch Familie und Kinder geprägt war und die sich zutrauen ohne Hebamme ihre Kinder zu bekommen und in der ersten Zeit zu pflegen. Aber angesichts der Tatsache, dass a) die Schwangere erstgebärend ist, b) sie keine Familie im nahen Umfeld hat und c) sie Zwillinge erwartet, die auch zu früh das Licht der Welt erblicken könnten, ist dieser Ratschlag nicht nachvollziehbar und unverantwortlich. Denn sehen wir es mal realistisch, die Chance eine Nachsorgehebamme zu bekommen, wenn die Kinder bereits da sind, die Wöchnerin geschwächt ist, sind in der aktuellen Hebammensituation doch äußerst schwierig.

Kinderarzt und Stillberaterin

Ärzte als medizinische Autorität haben für viele Familien gerade in einer neuen Lebenskonstellation eine besondere Stellung und ihre Meinung wird oftmals als die einzige richtige aufgenommen. Nicht selten hört man, dass der betreuende Kinderarzt Aussagen zum Thema Stillen und Beikosteinführung äußert, die nicht den aktuellen Empfehlungen entsprechen. Von zu früher Einführung von Beikost über die Empfehlung bei Grippe schnell abzustillen gibt es hier vieles zu hören und zu lesen. Der Rat der Stillberaterin wird oftmals abgetan, da es oftmals keine medizinischen Fachkräfte sondern fortgebildete Mütter sind. Das verunsichert die Familien. Sie wissen nicht was richtig, was falsch ist, wem sie vertrauen sollen.

Dazu soll erwähnt sein, dass es traurig ist, dass es schon Listen stillfreundlicher Kinderärzte bzw. Gynäkologen gibt, die von engagierten Eltern erstellt werden, damit die Frauen wissen wer sie bei ihrem Stillwunsch unterstützt. Denn Kinderärzte haben nur einen geringen Anteil der Ausbildung zum Thema Stillen und Beikosteinfühung. Die Empfehlungen hierfür bedürfen einer ständigen Information und Weiterbildung.

Worauf wir mit diesen Beispielen aufmerksam machen wollen:

Es ist kein GEGEN: Hebamme GEGEN Doula, Gynäkologe GEGEN Hebamme, Kinderarzt GEGEN Stillberaterin

Es ist ein FÜR: Gynäkologe FÜR die Frau, Hebamme FÜR die Frau, Kinderarzt FÜR Mutter und Kind, Stillberaterin FÜR Mutter und Kind

und mit diesem Blickwinkel sollten alle Parteien rund um die Familie zusammenarbeiten, Informationen vermitteln und austauschen und neben ihrer Fachkompetenz immer folgendes im Hinterkopf behalten:

Es geht nicht um den Weg der für uns als „Spezialisten“ auf dem jeweiligen Gebiet richtig wäre, es geht nicht darum, dass ich meine Unsicherheit verdecke, es geht nicht darum, dass ich mich über andere Berufsstände erhebe, es geht darum

  • dass wir Verantwortung gegenüber der Familie, die wir betreuen, haben
  • dass wir im Sinne der Familie Hilfestellungen geben
  • dass wir den Start in ein Leben als Familie erleichtern und ebenen
  • dass wir ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Familie haben und dementsprechend agieren.

Darum geht es.

Und für all die werdenden Mütter und Familien da draußen:

Hört auf Euer Bauchgefühl, holt gegebenenfalls eine zweite Meinung ein, informiert Euch, sagt nein, wenn es gegen Euer Bauchgefühl spricht, sucht Euch Eurer Team/Clan welches Ihr um Euch scharrt, das Euch stützt, entlastet, auffängt und am Wichtigsten vertraut Euch und Eurem Bauchgefühl.

Eine kurze Anmerkung zum Schluss: selbstverständlich gibt es viel Fachpersonal oder Spezialisten die im Sinne der Familien zusammenarbeiten, die sich ständig weiterbilden, sich aufopfern um den Familien zur Seite zu stehen. Sinn dieses Artikels ist es nicht alle über einen Kamm zu scheren, sondern denen die sich angesprochen fühlen, einen Gedankenanstoß zu geben. Allen anderen sei im Sinne des FÜR die Familien ein herzlicher Dank für ihre wunderbare Arbeit für die Familien ausgesprochen.

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